Bei der Sängerin Malene Mortensen kann man in Versuchung geraten über ihr unpassendes Sommerkleid, die langen blonden Haare oder ihre Erscheinung insgesamt zu parlieren. Das liegt weniger an ihrem Auftreten beim Jazzclub im Leeren Beutel, wo sie mit einer Pianotrio-Besetzung ihr Regensburg-Debüt gab. Vielmehr hat in der ersten Hälfte des Konzertes einiges nicht so recht zusammengepasst. Stimmlich hatte Mortensen leichte Probleme, traf Töne nicht genau und bekam kurze Hustenanfälle. Die Band wirkte, bis auf den sehr beweglichen und einfallsreichen Bassisten Paul Hinz, wenig inspiriert. Schließlich hörte sich Mortensens akkordisches Spiel auf einer leuchtend roten Jazzgitarre – Blickfang auf Plakaten und Postern – auch noch an, als sie eine Anfängerin am Werk. Etwas, was Mortensen definitiv nicht ist.
Die Dänin ist seit Anfang des Jahrtausends musikalisch unterwegs, anfänglich mit gecoverten Popsongs in Castingsshows. Aber schon ihr erstes Popjazz-Album „Paradise“ spielte sie mit dem Übervater des dänischen Jazz, den Oscar-Peterson-Bassisten Nils-Henning Ørsted-Pedersen, und Alex Riel ein. Auf dem Produzentenstuhl sass kein anderer als der Pianist Niels Lan Doky, ebenfalls eine herausragende Größe des zeitgenössischen nordischen Jazz. Inzwischen hat Mortensen bereits sieben Alben veröffentlicht, ihr letztes „You Go To My Head“ allerdings schon vor sechs Jahren, aus welchen sie das Programm für ihren Jazzclubauftritt zusammenstellte. Gleich der Einstieg, „Enigma“, hörte sich wie eine Reminiszenz an das großartige Trio E.S.T. des verstorbenen Esbjörn Svensson an. Bereits der nächste Song, ein boppig-schnell gespielter Standard des amerikanischen Musical- und Filmkomponisten Harold Arlen, zeigte das Spektrum auf, in dem sich die Sängerin mit ihrer warmen Stimme bewegt. Zwischen Antonio Carlos Jobims „One Note Samba“, einem Latinklassiker, und dem dänischen Gedicht „Aarestrup I Marts“, von Mortensen in einer zarten Ballade mit spröden Charme wunderbar vertont, tat sich da eine enorme Vielfalt auf. Da hatten seichte Swingnummern ebenso Platz, wie einige eindrucksvolle Interpretationen von Joni-Mitchell-Songs. Gefälliger Popjazz folgte auf die heitere Leichtigkeit ägyptischen Mondscheins („Egyptian Moonlight“), ein ambitionierter Blues auf wolkigen Song mit leichtem Reggaerhythmus. Als Sahnehäubchen bringt Mortensen, die nach der Pause wesentlich gelöster und stimmlich gefestigter wirkt, gegen Ende des Konzerts Paul Desmonds vielfach durchgepausten Evergreen „Take Five“. Ihrem ziemlich konventionellen Arrangement setzte Hinz auf seinem Kontrabass mit einem fulminanten Intro ein erregendes Glanzlicht auf.
Bis auf wenige Soli und kollektive Freiräume innerhalb weniger Songs konnte sich die Band nur in einem eng begrenzten Rahmen entfalten. Schlagzeuger Radek Wośko begleitete überwiegend dezent und unaufdringlich, aber auch ein wenig einfallslos, während Pianist Robert Tjäderkvist seine schmalen Spielräume leidenschaftlich auskostete. Aber auch von ihm hätte man sich in der Begleitung von Mortensens auch inhaltlich breitgefächerten Songs etwas mehr Einfallsreichtum gewünscht. Dass sie mit deutlich mehr als imponierendem Stimmumfang und männerbetörender Erscheinung wuchern kann, zeigte Mortensen in der deutlich stärkeren zweiten Konzerthälfte mit Humor und Beweglichkeit. Ihr nächster Auftritt beim Jazzclub wird garantiert ein richtiger Erfolg.
Text und Fotos: Michael Scheiner
Infos: www.malenemortensen.dk/