Neue jazzstudie2016 zeigt: Der Mut zur Improvisation wird mit nur 1.000 Euro monatlich belohnt
Jazz leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag in der Kunst sowie im Bereich der kulturellen Bildung und doch bleiben die Künstlerinnen und Künstler schmerzlich unterbezahlt. Ihr durch musikalische Arbeit erzieltes Jahreseinkommen liegt bei durchschnittlich 12.500 Euro. Erkenntnisse wie diese liefert jetzt eine großangelegte Studie, die erstmals empirische Daten zu der aktuellen Lebens- und Arbeitssituation professioneller Jazzmusikerinnen und -musiker verfügbar und für die breite Öffentlichkeit nachvollziehbar macht. Als Grundlage diente eine Online-Befragung mit über 2.000 Teilnehmern. Auftraggeber der von dem Kulturwissenschaftler Thomas Renz vom Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim verfassten Studie waren das Darmstädter Jazzinstitut, die Union Deutscher Jazzmusiker und die Interessengemeinschaft Jazz Berlin.
Bei der Vorstellung der Studie in Berlin sah auch Siegmund Ehrmann, Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, Handlungsbedarf: „Mit der jazzstudie2016 liegen endlich belastbare Zahlen vor, auf die Kulturpolitik jetzt reagieren muss. Dabei sind die Erkenntnisse weit über die Jazzszene hinaus für viele frei arbeitende Kulturschaffende relevant.“
„Diesen wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zu unterstützen war mir ein besonderes Anliegen“, so Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters in ihrem Vorwort zur Studie. „Ich hoffe, dass die Studie Diskussionen darüber anregen wird, wie die Lebensbedingungen der Jazzmusikerinnen und -musiker auskömmlicher gestaltet werden können.“ Die Kulturstaatsministerin beteiligte sich ebenso an der Finanzierung der Studie wie die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Berlin.
Die Studie zeigt unter anderem, dass Jazz überwiegend im urbanen Raum geschaffen wird. Die Jazzmetropolen Köln und Berlin sind auch die Regionen, wo die meisten der Befragten leben und von denen nach Selbsteinschätzung der Jazzmusikerinnen und -musiker die wichtigsten künstlerischen Impulse ausgehen. Umso problematischer ist der Befund der Studie, dass insbesondere dort professionelle Musiker selten mit mehr als 50 Euro pro Auftritt nach Hause gehen.
Studienleiter Thomas Renz sieht daher die Notwendigkeit einer generellen Verbesserung des Gagenniveaus. „Die Landschaft der privaten und selten mit öffentlichen Mitteln geförderten Spielstätten für Jazzmusik ist geschichtlich gewachsen und bedarf einer finanziellen Stärkung“, so seine Empfehlung.
Gebhard Ullmann, Vorsitzender der Union Deutscher Jazzmusiker, sieht einen klaren kulturpolitischen Handlungsbedarf: „Die Studie zeigt deutlich, dass spezifisch auf Jazz ausgerichtete Fördersysteme fehlen. Erst wenn Bund, Länder und Kommunen eine solide Infrastruktur für diese wichtige Kunstform bereitstellen, kann sich auch die Lebenssituation ihrer Künstler nachhaltig verbessern.“
Arndt Weidler vom Jazzinstitut Darmstadt wies darauf hin, dass Jazz und improvisierte Musik aus dem Musikleben in Deutschland nicht wegzudenken seien. Sie leisteten einen erheblichen Teil zur Weiterentwicklung von Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft. Aktueller Jazz sei gekennzeichnet durch offene Grenzen zu anderen Genres wie Rock, Pop, Neue Musik und Klassik und ebenso zu anderen performativen Künsten wie Tanz und Theater, aber auch Bildender Kunst oder Lyrik. In den letzten Jahrzehnten sei die aktive Jazzszene durch gezielte und intensive Nachwuchsfördermaßnahmen und umfassende Studienmöglichkeiten stetig gewachsen. Dem müsse die Kulturpolitik auf allen Ebenen nun auch Rechnung tragen.
Die jazzstudie2016 lenkt den Blick auf die wesentlichen Problemfelder und liefert hier konkrete Handlungsansätze für Lösungen in der Zukunft.
Weitere Infos und die Studie zum Download unter www.jazzstudie2016.de.