Am 24. Januar 2016 beginnt die neue Serie des BMW Welt Jazz Award mit einem Konzert des Bassisten Dieter Ilg. Er wird in der ersten von sechs Sonntagsmatineen im bewährten Trio mit dem Pianisten Rainer Böhm und dem Schlagzeuger Patrice Heral die Musik des Klassikers Beethovens intelligent und groovend in zeitlosen Jazz verwandeln. Aus Anlass der Starts der achten Ausgabe des Awards, der auch 2016 mit einem spannenden Doppelkonzertfinale enden wird, sprach Andreas Kolb für JazzZeitung.de mit Thomas Girst, dem Leiter des Kulturengagements der BMW Group.
JazzZeitung: Herr Girst, Sie kommen ursprünglich aus der Bildenden Kunst. Nach sieben Ausgaben des BMW Welt Jazz Awards kann man aber doch sagen, der Preis liegt nicht nur der BMW Welt und ihren Besuchern am Herzen, sondern auch der BMW Kulturabteilung. Wie hat er das geschafft?
Thomas Girst: Auf persönlicher Ebene empfinde ich es als Geschenk, dass im Bereich des Kulturengagements der BMW Group Genres dazukommen, die außerhalb dessen liegen, was man von der Ausbildung her kennt. Zu unseren Themen wie Bildende Kunst, Design und Architektur gehören seit langem auch Jazz und Klassische Musik. Jazz ist heute eines unserer wichtigsten Engagements weltweit. Der Jazz Award als Preis direkt vor der Haustür ist etwas, das in vielerlei Hinsicht dem Rechnung trägt, was wir als Vision für BMW im Kulturbereich entwickelt haben, insbesondere was dessen Strahlwirkung, Reichweite, Innovationskraft, aber auch die Bündelung an Talent und die Hochwertigkeit des musikalischen Erlebnisses angeht.
JazzZeitung: Mit der Kombination aus Konzertserie und Wettbewerb, hat die BMW Welt ein einmaliges Format geschaffen?
Girst: Man kann sich fragen, was die Wettbewerbsidee, die man aus dem wirtschaftlichen Umfeld kennt, aufgepfropft auf ein Kulturformat überhaupt für einen Sinn hat? Es ist dieser Wettbewerbsgedanke, den wir als integralen Bestandteil des Formats zu kultivieren suchen. Kein direktes gegeneinander antreten, eher ein „sich gegenseitig zu Höchstleistungen inspirieren“. Eine höchst faszinierende, spannende Geschichte für jeden, der sich die Zeit nimmt, in diese Jazzwelt einzutauchen.
JazzZeitung: Das Motto des 8. BMW Welt Jazz Award lautet „Inspired by Legends“. 2016 feiert BMW seinen 100. Geburtstag. Da scheint es einen Zusammenhang zu geben?
Girst: Der kürzlich verstorbene deutsche Philosoph Odo Marquard hat gesagt: „Zukunft braucht Herkunft“. Das ist für einen Automobilhersteller genauso wichtig wie für den Jazz. Deshalb ist es schön, dass man mit dem Motto einen gewissen Gleichklang findet zu dem, was das Unternehmen in 2016 feiern darf.
JazzZeitung: Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Mottos der Konzertreihen: The Art of Piano Trio (2009), Voices in Jazz (2010), Two horns and more (2011), Jazz and The City (2012), Leading Drums (2013), Sense of Humour (2014) und Playing my Guitar (2015). Gab es da Vorlieben Ihrerseits?
Girst: Schwer zu sagen, was das Highlight der vergangenen sieben Jahre war. Ich persönlich schätze Handfestes mehr als komplett Experimentelles. „Voices in Jazz“ kam mir durchaus entgegen.
JazzZeitung: BMW Welt Young Artist Jazz Award – der Preis hat eine kleinen Bruder bekommen. Warum? Und um was für eine Auszeichnung handelt es sich?
Girst: Ich freue mich außerordentlich darüber, dass auf Initiative von Vorstandsmitglied Ian Robertson, der den Jazz Award im höchsten Gremium des Unternehmens vertritt, jetzt ein Nachwuchsförderpreis existiert. Nachdem Robertson zunächst an die Jury mit der Frage herangetreten war, wie unser Publikum noch stärker für den Jazz in der BMW Welt verpflichtet werden kann, stand am Ende der Gespräche ein neues Konzept für einen Nachwuchspreis, das die BMW Welt gemeinsam mit dem Kulturreferat der Stadt München und den Leipziger Jazztagen umsetzt: Die Jury benennt junge Musiker für den BMW Welt Young Artist Jazz Award, der neben einem Preisgeld direkt verbunden ist mit je einem Konzert in der Unterfahrt sowie bei den Leipziger Jazztagen. In Leipzig, wo wir seit 2005 mit dem von Zaha Hadid gestalteten Werk einen Standort dazu gewonnen haben, fördern wir u.a. die Leipziger Jazztage.
JazzZeitung: Die Zielgruppe von BMW kann man als gebildet und einkommmensstark beschreiben. Dennoch achten Sie bei Ihrem Kulturengagement neben Qualität auch auf niederschwelligen Zugang. Was ist die Motivation dafür?
Girst: Man kann als Unternehmen auch die Hemmschwelle vor der Hochkultur zu helfen nehmen, indem man kostenfreie Erlebnisse entwickelt für die Bürger oder die Gäste einer Stadt. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit: Wir haben unser Münchner Format „Oper für alle“ zusammen mit dem London Symphony Orchestra dergestalt umgewandelt und etabliert, das sich seit 2012 jährlich mehr als 10.000 Menschen auf dem Trafalgar Square einfinden und den Musikern bei einem kostenfreien Konzert lauschen. Da steht auf den Plakaten nicht „supported by BMW“, sondern da steht der „Mayor of London“. Die Nichtaustauschbarkeit, dessen was wir tun, definiert uns in unserem Kerngeschäft genauso wie in unseren kulturellen Kooperationen.
JazzZeitung: Welche Schwerpunkte setzt das BMW-Kulturengagement im Jubiläumsjahr 2016 noch?
Girst: Wir haben uns nie von Event zu Event gehangelt und müssen jetzt zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens keine neue Kulturinitiative aus dem Hut zaubern. Wir setzen weiterhin auf unsere langfristigen Engagements, sei es mit den großen Musen weltweit, sei es mit den großen Opernhäusern, sei es mit den zahlreichen Jazzinitiativen von Südamerika bis Shanghai. Die BMW Group hat als weltweit tätiges Unternehmen früh erkannt, dass das Kulturengagement auch zur Definition des Unternehmens als Corporate Citizen einen erheblichen Beitrag leistet. Unternehmen werden heute nicht ausschließlich über ihren Aktienkurs wahrgenommen, sondern auch wie sie sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette verhalten und was ein Unternehmen zurückgibt an die Gesellschaft, in der es erfolgreich tätig ist.
JazzZeitung: Fördere Kultur und rede darüber?
Girst: Fördere Kultur und lasse andere darüber reden! Wir fahren wenigstens zweigleisig: Dort wo für hunderte von Millionen Euro Kunst gekauft und verkauft wird, da wollen wir mit dem Auto sein, da wollen wir eine Produkterfahrung für die Menschen schaffen, die potenziell Kunden für BMW sind. Wir sind bei den großen Kunstmessen dieser Welt auch langfristig Partner. Art Basel in Basel in Basel, Miami, Hongkong oder die Frieze Art Fair in London und NY oder Paris Photo in Los Angeles und Paris. Produktpositionierung im Kulturbereich beißt sich nicht mit dem Engagement, das Sie ansprachen. Im Kulturbereich Kooperation mit Museen, Biennalen Opernhäuser oder Jazzfestivals, da kommt dann etwas anders zu tragen. Das sehen wir bei Oper für alle, bei BMW LSO Open Air Classic auf dem Trafalgar Square oder beim BMW Welt Jazz Award.
JazzZeitung: Was den Publikumszuspruch angeht, hat die BMW Welt die Bayerischen Königsschlösser längst überholt. In der BMW Welt verschaffen Sie dem Jazz zudem ein neues Publikum?
Girst: Ich bin selber kein Freund davon in der Schlange zu stehen, dennoch schlägt mir das Herz höher, wenn ich sehe, dass sich in der gesamten BMW Welt, das heißt vom Süd- bis zum Nordeingang eine Schlange bildet vor dem Einlass zu den kostenfreien Konzerten des BMW Welt Jazz Awards. Das heißt doch, dass der Enthusiasmus der Besucher sich schon vor dem Konzert die Bahn bricht. Das zeugt von dem großen Erfolg der Wettbewerbsidee und ihrer Heimat, der BMW Welt. Hier ist uns etwas sehr Schönes gelungen, das im 8. Jahr seines Bestehens eine eigene Tradition besitzt.