So banal dieser Satz wirkt, er ist ebenso richtig wie wichtig: Man kann nicht alles alleine machen. Die Möglichkeiten des einzelnen Musikers, des einzelnen Veranstalters zur Publikumsfindung und -bindung sind zeitlich wie finanziell eng begrenzt. Daher fällt Multiplikatoren eine wichtige Rolle zu. Dazu nun einige Anregungen für leere bis schmale Geldbeutel…
1) Bekannt aus Zeitung, Funk und Fernsehen
Den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern in Deutschland fiel über viele Jahrzehnte eine, wenn nicht die tragende Rolle bei der Vermittlung von Jazz und neuer Musik zu. Noch heute läuft jeden Tag Jazz im öffentlich-rechtlichen Radio, wenn auch überwiegend spät abends (nach 22 Uhr) und fast nie länger als 60 Minuten am Stück. Zudem haben etliche private Sender Jazzsendungen im Programm.
Selbst Fernsehformate mit Jazzbeteiligung gibt es noch. Diese sind jedoch in aller Regel so gut im Nachtprogramm der Spartensender versteckt, dass die Vermittlungschancen an ein nicht-vorbereitetes, spontan einschaltendes Publikum sehr gering bleiben.
Dennoch sind Funk und Fernsehen, ebenso wie Printmedien aller Art, nach wie vor wichtige Multiplikatoren. Welche Zeitungen, welche Radiosender in eurer Umgebung könnten warum an einer Berichterstattung (Programmtipp? Konzertkritik? Live-Mitschnitt?) interessiert sein? Welche Journalisten kennt ihr? Kennen sie eure Musik, eure Veranstaltungsreihe, euren Konzertort?
2) Online-Medien und soziale Netzwerke
Gerade jüngere Jazzmusiker nutzen längst eine Vielzahl von Werbe- und Vermittlungskanälen, die sich im Internet bieten; mehr und mehr Veranstalter tun es ihnen gleich. Die Vielfalt an Möglichkeiten scheint grenzenlos: etliche Internet-Radiosender spielen ausschließlich Jazz, mit Jazzthing.tv gibt es sogar deutsches Jazz-Musikfernsehen. Neben den Online-Ausgaben angestammter Zeitungen und Magazine befassen sich etliche Blogs mit dem Thema Jazz. Musikplattformen wie Soundcloud und soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter bieten die Möglichkeit, die virtuelle Gefolgschaft zu vergrößern und damit – wenigstens vermeintlich – mehr geneigtes Publikum zu erreichen.
Seid ihr auf den genannten Kanälen präsent? Wie pflegt ihr diese Kanäle, welche Inhalte sind wann für eure Follower interessant? Ist euer Publikum spontan genug für Konzertankündigungen am Tag des Konzerts? Und bei aller Wichtigkeit der Vernetzung untereinander: wie setzt sich eure Gefolgschaft zusammen – nur aus Musiker-/ Veranstalterkollegen oder auch aus geneigten Konzertbesuchern und Fans?
3) Umfeldsuche
Unter den Leserkommentaren zur einleitenden Folge dieser Blogserie findet sich der ebenso pragmatische wie sinnvolle Vorschlag, jeder Jazzstudent möge seine Familie an Jazz heranführen und mit in die Clubs nehmen. Klingt banal, ist aber angesichts deutlich gestiegener Studentenzahlen durchaus bedenkenswert. Selbst wenn die Familie hinterher immer noch keinen Jazz mag, hat sie wenigstens die Möglichkeit bekommen, Vorurteile gegen reelle Erfahrungen einzutauschen. Die erstaunte Frage „Ach, so kann Jazz auch sein?“ hat jeder Jazzmusiker schon zu hören bekommen.
Wenn in der Wirtschaftswelt eine Firmengründung nicht über Investorengelder funktioniert, wird üblicherweise die Strategie des FFF funding angewandt. FFF steht für „Friends, Family and Fools“, wobei letztere in der deutschen Variante netterweise als „begeisterte Vermögende“ bezeichnet werden. In diesen drei Gruppen finden wir am ehesten unsere Fans, unser Stammpublikum, unsere privaten Sponsoren und Mäzene, die wertvolle Unterstützung leisten und uns „Anschubhilfe“ geben können. Kennen sie unsere Musik schon? Waren sie schon einmal auf einem Jazzkonzert? Wissen sie von dieser neuen Konzertreihe? Sprechen wir mit ihnen!
4) Newsletter und Mailing-Listen
Newsletter können hilfreiche Multifunktionsinstrumente sein – wenn sie nicht nur an Musikerkollegen, sondern auch an potenzielle Konzertbesucher geschickt werden. Neben grundsätzlichen was-wo-wann-Informationen bieten sie weitergehenden Einblick in die Arbeit des Künstlers/ des Clubs und Raum für Verlosungsaktionen, Publikumsbefragungen und vieles mehr. Sie können als Neuigkeiten-Blog auf der eigenen Homepage verfügbar sein – tummeln sich dort eigentlich ausreichend Besucher? – oder als Email durch den Verteiler geschickt werden. Kann der geneigte Leser euren Newsletter auf eurer Homepage abonnieren? Sich bei Konzerten in eine Liste eintragen? Soll euer Newsletter überhaupt in schriftlicher Form erscheinen – oder vielleicht als Video…?
Ähnlich dem „Beitrag teilen“-System auf Facebook kennt ihr vielleicht Menschen, die euren Newsletter, euren Veranstaltungshinweis, euer Monatsprogramm auch durch ihre Verteiler schicken oder auf ihrer Homepage veröffentlichen möchten?
5) „Street Teams“
Vielleicht könnt ihr jemanden dafür gewinnen, im Tausch gegen Freikarten eure Programmflyer an diversen Orten auszulegen, Plakate aufzuhängen oder Leute in ihrem Freundeskreis (oder in der Fußgängerzone) anzusprechen?