Es ist erstaunlich, zu welchen interessanten Initiativen junge Jazzmusikerinnen und Jazzmusiker heutzutage fähig sind und damit die Szene der aktuellen Musik bereichern und vorantreiben. Ohne dass dies durch das Bewusstsein der kulturell interessierten Öffentlichkeit gegenwärtig besonders gewürdigt würde, ist in Deutschland eine junge Szene von hunderten von exzellent aus gebildeten, höchst produktiven und ideenreichen Musikerinnen und Musikern des Jazz, der improvisierten Musik und der Neuen Musik entstanden. Sie sind gleichsam die künstlerisch-ästhetische Speerspitze der in den europäischen Musikhochschulen ausgebildeten Talenten. Hier hat der Musikhochschul-Betrieb zum Gegenteil dessen geführt als es oft klischeehafte Vorurteile suggerieren wollen. Aufbruchstimmung, künstlerische Freiheit, Solidarität untereinander und vorausweisende Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten sind die Kennzeichen.
Aufgrund der heutigen Möglichkeiten enger Vernetzung über die neuen Medien sind sie zusätzlich motiviert und treten mit immer wieder neuen attraktiven Projekten ins Rampenlicht. Konzeptionell und persönlich starke Profile locken ein neugieriges Publikum, das es immer noch geben soll, in Clubs und Säle. Musiker wie Publikum sind sich anscheinend einig darin, dass alles getan werden muss, um nicht in der Masse des Gängigen und Gewöhnlichen unterzugehen. Hier kann als neues erfrischendes Beispiel das „BamesreiterSchwartzOrchestra“ genannt werden, ein Jazzorchester, viel mehr als „nur“ eine Bigband, im Jahre 2013 von Gitarrist Richard Schwartz und Posaunist Lucas Bamesreiter gegründet. Beide sind gereifte junge Komponisten von zeitgenössischer aktueller Musik für Jazzorchester und haben sich in vielen Großensembles profiliert, sozusagen „ihre Sporen verdient“, beginnend in Landesjugendjazzorchestern, im BuJazzO, in der Peter Herbolzheimer Akademie, in der Monika Roscher Bigband und vielen anderen.
Einen festen Sitz hat das Orchester eigentlich nicht; ist es München, ist es Leipzig? Das spielt keine Rolle, darf es auch nicht. Die Musikerinnen und Musiker der Band kommen aus ganz Deutschland, aus Nord und Süd wie aus West und Ost. Der organisatorische Aufwand ist nicht zu verachten, spielt das Orchester doch mit einem erweiterten Holzsatz, hat ein Horn integriert und ebenso ein vierstimmiges Vokalensemble. Für eine solche Besetzung wird die Spielliteratur schnell knapp. Dieses Manko haben die Orchesterleiter positiv umgesetzt. Sie schreiben die weitaus meisten Titel für ihr Orchester selbst, was letztendlich dem Repertoire zugute kommt.
Bleibt zu hoffen, dass durch die jährliche Vergabe von Spielprogrammpreisen viele Clubs, Konzertreihen und auch Festivals in die Lage versetzt werden, weiterhin Ensembles von der Qualität und in der Größe des BamesreiterSchwartzOrchestra zu engagieren. (Und dass es die höchstverantwortliche Künstlersozialkasse es endlich unterlässt, den Beruf des Jazzmusikers oder der Jazzmusikern dem eines Straßenmusikers gleich zu stellen.)
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