„Miss Unterfahrt“ – Leidenschaft, Zufälle und viel Musik

Christiane Böhnke-Geisse Foto: Ralf Dombrowski
Christiane Böhnke-Geisse
Foto: Ralf Dombrowski

Von Ralf Dombrowski – Als Nachschlag zu jahrzehntelangem Engagement für die Münchner Jazzszene bekam Christiane Böhnke-Geisse von der Abendzeitung einen Stern verliehen. Das Club-Programm allerdings verantwortet inzwischen Gabor Simon. Was nicht heißt, dass die Chefin von einst sich aus der Szene zurückzieht. Der Rückblick ist eine kurze Geschichte von Leidenschaft, Zufällen und viel Musik. „Die Unterfahrt wurde 78 gegründet, voll alternativ, gegen die Bewegung, avantgardistisch,“ erinnert sich Christiane Böhnke-Geisse. „Dann kamen die Achtzigerjahre. Sepp Dachsel hatte das Ganze schon in ein anderes Fahrwasser gebracht. Mit Michael Stückl, Lisl Geipel als Wirtin und mir ist es dann von 1989 an gelungen, aus der Eckkneipe für Jazz einen Club zu machen und das Profil international zu stärken. 1998 sind wir umgezogen, mussten neuen Herausforderungen meistern. Nicht mehr 90, sondern 160 Plätze. Kein Mensch wusste, wo er in den Katakomben des Einstein hingehen sollte. Danach eine ganz starke Phase. 2005 war da ein Schlüsseljahr. Es wurden 100 Jahre unabhängiges Norwegen gefeiert, das führte hier zu viel positivem Input. 2008 folgte das 30.Jubiläum, auch das ein Riesenschritt, nicht zuletzt, weil uns das Kulturreferat der Stadt München und die Stadtsparkasse umfassend unterstützt haben. Danach ging es wieder zügig weiter, allerdings auch mit Dämpern wie der Ausländersteuer, für die wir trotz Befreiung rückwirkend veranlagt wurden. Schließlich der Schritt zur Gegenwart mit erhöhtem Zuschuss der Stadt, die dem Club mehr Personal, mehr Perspektiven ermöglicht.“

Just an dem Punkt aber entschied sich Böhnke-Geisse, sich neu zu orientieren. Denn längst hatte der Club eine Eigendynamik entwickelt, die nach Veränderung verlangte. Mehr als ein Vierteljahrhundert hatte Christiane Böhnke-Geisse die Entwicklung begleitet und geprägt, war von der 26-jährigen Krankenschwester, die über eine Musiker-WG sozialisiert worden war, Platten für Enja Records auf Festivals verkauft und als Kellnerin im Club angefangen hatte, zu einer der erfolgreichsten und versiertesten Club-Managerinnen Europas avanciert. Diese Erfahrung fließt nun in ihre Arbeit als selbständige Beraterin im Kulturbusiness ein. ,Jazz by Heart‘ ist der Arbeitstitel ihrer Agentur, die inhaltliche Ausrichtung noch offen: „Für mich ist es wichtig, dass ich auch weiter mit Jazz zu tun haben möchte. Zur Zeit bin ich in der Findungsphase und könnte mir beispielsweise gut vorstellen, für Stiftungen oder Benefizorganisationen Konzerte zu veranstalten. Ich will mit Musik etwas bewirken und in diesem Bereich ist viel Bedarf“. Aus ,Miss Unterfahrt‘ wird ,Mrs. Jazz by Heart‘. Und es gibt viel zu tun.

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