Peter Herbolzheimer European Jazz Academy in ihrem 13. Jahr – ein Rückblick

In der Landesmusikakademie Hessen auf Schloß Hallenburg in Schlitz bei Fulda ging mit dem Abschlusskonzert am Abend des Nikolaustages die 13. Arbeitsphase der Peter Herbolzheimer European Jazz Academy zu Ende. Fünfundzwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland hatten in den vorausgegangenen fünf Tagen ein höchst anspruchsvolles Programm erarbeitet, das sich aus Originalkompositionen und Arrangements des großen europäischen Bigbandleiters zusammensetzte, darunter so bekannte Titel wie La Fiesta von Chick Corea, Pat Methenys Better Days Ahead und Boblicity von Miles Davis sowie Herbolzheimer-Klassiker wie Just Like That, The Healer und Mambo Al Dente.

Der jüngste Teilnehmer hat das Alter von fünfzehn Jahren erreicht, saß am Schlagzeug und ist noch Schüler, während der zweite Altist des Saxophonsatzes die siebzig überschritten hat und als pensionierter Bundesverwaltungsrichter bereits in allen bisherigen Herbolzheimer-Arbeitsphasen seit der Gründung im Jahre 2007 mitwirkte.

Das hätte den im März 2010 verstorbenen Kölner Bigbandmusiker gefreut, denn die von ihm betriebene Gründung dieses Orchesterprojektes geht auf seine Idee zurück, junge und ältere Generationen von sowohl professionellen als auch fortgeschrittenen Jazzmusikern in Arbeitsphasen zusammenzubringen und sie unter qualifizierter Anleitung miteinander und voneinander lernen zu lassen.

Dass das musikalische Ergebnis sich stets sehen lassen kann, liegt einmal daran, dass es die Teilnehmer selbst sind, deren Initiative zu einer Fortsetzung des Projektes auch nach dem Tod von Peter Herbolzheimer führte. Allen voran muss hier dem Trompeter und Hannoveraner Rechtsanwalt Detlev Oeflke Anerkennung gezollt werden, in dessen Händen die gesamte Organisation liegt. Und nicht zuletzt sind es die hochkarätigen Dozenten – allesamt musikalische Weggefährten zu Peter Herbolzheimers Lebzeiten -, die wissen, wie seine Musik klingen muss und die keine Kompromisse zur angestrebten Qualität und gewünschten Höchstleistung zulässt.

In Schlitz unterrichtete die Saxophonisten John Rucco, ein Amerikaner in Belgien mit Lehrtätigkeiten an den Musikhochschule Brüssel und Den Haag. Die Posaunisten wurden von Erik van Lier betreut, Professor in Amsterdam, die Pianisten vom Kölner Hubert Nuß, erster Pianist des 1988 gegründeten BuJazzO, die Schlagzeuger von Bruno Castellucci, einem Italiener in Belgien und oftmaliger Begleiter von Jean Toots Thielemans, die Gitarristen von Jean-Francois Prins, Belgier mit Wahlheimat Berlin, und die Trompeter von Jan Oosthof, viele Jahr Mitglied des berühmten holländischen Metropol-Orchester. Am Kontrabass stand Lucas Lindholm, langjähriger Bassist der NDR-Bigband, zur Verfügung. Ruocco und van Lier haben das Erbe der künstlerischen Leitung übernommen und sind für das Programm und dessen Einstudierung verantwortlich.

Zu Beginn eines Tages verabredeten Leitung, Dozenten und Musiker den Tagesplan mit Instrumentalunterricht, Satzproben und Tutti-Proben, die auch in den Abendstunden fortgesetzt wurden. Daraus entstand zum Ende ein Konzertprogramm als Gesamtkunstwerk ganz im Sound der Band von Peter Herbolzheimer, die in Live-Zeiten von Fernsehshows und vor allem aus der damaligen Sendung „Bio’s Bahnhof“ bekannt gewordenen Rhythm Combination & Brass, kurz RC&B. Diese Band, die Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhundert gleichsam wie Phönix aus der Asche entsprang, öffnete der Bigbandmusik in Europa ganz neue Töne und Tore und machte auch vor jazzrockmusikalischen Einflüssen, der lateinamerikanischen Musik, der Fusion-Musik und der zeitgenössischen konzertanten Blasmusik nicht Halt.

Die Peter Herbolzheimer European Jazz Academy pflegt in besonderem Maße das musikalische Erbe des Bigbandleiters und ist das einzige Projekt dieser Art. Dafür stellt Gisela Herbolzheimer unentgeltlich den Noten-Fundus ihres Ehemannes zur Verfügung, der aus insgesamt mehr als zweitausend Titeln besteht.

Die Arbeitsphasen bieten den „Grey Hairs“ die Möglichkeit, ihre musikalischen Fähigkeiten aufzufrischen und auf der Höhe zu halten; die jungen Teilnehmer – als „Master Class“ tituliert – können sich auf Mitwirkungen in Landesjugendjazzorchestern und im BuJazzO vorbereiten und ihr Musikstudium durch Bigbanderfahrungen und besonderen Dozentenunterricht wertvoll ergänzen.

Die nächste und 14. Arbeitsphase der Peter Herbolzheimer European Jazz Academy findet vom 1. – 6. Dezember 2015 wiederum in der Landesmusikakademie Hessen in Schlitz statt. Dazu sind auch Sängerinnen und Sänger eingeladen, die die „Master Birds“ bilden werden.

Interessenten können sich ab sofort über die Email-Adresse mail@europeanjazzacademy.org registrieren lassen. Sie erhalten dann ungefähr sechs Wochen vor Beginn der Arbeitsphase eine Einladung zur Teilnahme mit der Aufforderung zur verbindlichen Anmeldung. (Siehe auch www.europeanjazzacademy.org ).

Peter Ortmann

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