Von Tobias Böcker – Jetzt aber! Erst mal ein bisschen Dampf ablassen, den Reisestaub aus den Kleidern schütteln, Noises – mal sehen! Kryptisch in den ersten 20, 30 Takten, so solche denn überhaupt zu erkennen sind. Dann aber plötzlich dieser Country-mäßige Groove, Amerika pur. Musik, in der sich Swing, Rock, Blues, Soul, auch mal Reggae und vor allem Jazz aufs trefflichste begegnen, unwiderstehlich, treibend, brodelnd, in permanenter action, „Sham Time“! Medeski, Martin & Wood waren zu Gast im Audi Forum Ingolstadt, das innovativste Trio der 90er, Kreativwerkstatt zwischen Jazz, Pop, Funk und Fusion mit John Scofield, dem eigenwilligen Gitarristen auf ähnlichem Grat, Mitspieler noch bei Miles Davis, Querdenker auf sechs Saiten mit unverwechselbar individuellem Sound. Seit 1998 und dem gemeinsamen Album „A Go Go“ währt die Freundschaft der Vier. Der packende, spannende, gut zugängliche, groovige Jazzfunk auch ihres aktuellen, Afrika inspirierten Albums „Juice“ ist zugleich vielschichtig und nachvollziehbar. Der Drive der Musik spricht für sich, tight und kompakt mit faszinierendem Spielraum für alle Beteiligten und deren Soli, optimale Balance aus Konzept und Spontaneität, Freiheit und Bindung, fluidem Spirit der Band und rockigem Cry der Gitarre. Locker wie in „Juicy Lucy“, kantig wie in „Stovetop“, energiegeladen wie in einer grandiosen Version des Doors-Hits „Light My Fire“ oder poetisch wie in Bob Dylans „The Times They Are A-Changing“ vermengen sich ganz unterschiedliche stilistische Elemente, wenn Chris Woods E-Bass loslegt, untermalt von Billy Martins locker groovendem Schlagzeug und angereichert von John Medeskis phantasievollem Piano. Dazu John Scofields unwiderstehliche, völlig unberechenbare Gitarre, die sich nicht nur in dem entspannt zurückgelehnten Cream Klassiker „Sunshine of Your Love“ so herrlich an Medeskis Orgel reiben kann.