Improvisation über Improvisation #2

„Ja mach nur einen Plan,
sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch ’nen zweiten Plan,
gehn tun sie beide nicht.“

Jeder Mensch improvisiert. Jeden Tag, sein ganzes Leben lang.
Jeder Mensch agiert und reagiert, mal für sich allein, mal im Zusammenspiel (oder ernster: in Zusammenarbeit) mit anderen Menschen.
Rituale, feste Arbeitszeiten und sorgfältig geplante Tagesabläufe sorgen für Struktur, für einen „komponierten“ Rahmen; aber selbst der durchstrukturierteste Mensch ist nicht gefeit vor Überraschungen, die ihn zu einer spontanen – improvisierten – Reaktion zwingen und gegebenenfalls seine Pläne über den Haufen werfen.

Sogar wenn der Mensch schläft, improvisiert sein Gehirn, indem es im Traum Erlebtes ordnet, neue Erfahrungen mit alten verbindet oder uns auf kommende Situationen vorbereitet. Interessanterweise arbeitet während des Träumens das Emotionszentrum im Gehirn stärker als im Wachzustand, der für geradliniges Denken, Planen und Handeln zuständige Bereich hingegen weniger stark.

Träume und Improvisationen haben viel gemeinsam. Beide laufen irgendwo zwischen Un-, Unter- und Bewusstsein ab; beide verbinden bereits Gelerntes mit neuen Reizen; beide lassen sich nicht (oder nur sehr begrenzt) planen und folgen nicht zwangsläufig einer vorhersehbaren Logik; zudem spielen Emotionen bei beiden eine wichtige Rolle.
Folgerichtig beschreibt Duke Ellington sein Klavierspiel als Träumen: „This is not piano. This is dreaming.“

Auf welcher Basis macht der Mensch Pläne? Sind es nicht in den meisten Fällen Träume, die ihn leiten? Welche Art von Träumen sind das? Planen wir aus Angst und Unsicherheit heraus, oder weil wir unsere Träume verwirklichen möchten? Wo liegen unsere Ängste? Wie können wir mit ihnen umgehen?

Bittet man Schüler im Instrumentalunterricht, einmal ohne Vorgaben drauflos zu improvisieren, erntet man häufig verschreckte Blicke. „Aber… ich kann doch gar nicht…?“ – doch. Du kannst. Jeder Mensch kann improvisieren. Jeder Mensch tut es täglich, in einer Vielzahl von Lebenssituationen. Warum nicht auch am Instrument?

Weniger Angst, mehr Improvisation.

Das wäre doch mal ein Plan.

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