Ausgabe Juni
1998 STORY Konferenz der Jazzer - Autor: Ilse Storb Foto: WDR/Klaus Barisch |
Der übliche Kassiber
mit den Neuigkeiten aus Berklee muß fürs erste
entfallen. Die Redaktion hofft, daß unsere
Korrespondentin Gabi Wahlbrink ihre e-mail Sendungen
hoffentlich bald wieder aufnehmen kann. Kurz entschlossen
schob die Redaktion einen Bericht der Jazzprofessorin
Ilse Storb ins Blatt. Sie berichtet für die Jazzeitung
vom 25. Jubiläumskongreß der International Association
of Jazz Educators, IAJE. Für uns Euro-Jazzer ist die
Essenz dieses Tagungsberichtes unter anderem auch, daß
in den USA Jazzmusiker und Pädagogen nicht voneinander
zu trennen sind. Die strikte Aufteilung hier der
Künstler, da der Pädagoge findet nicht statt. Ein
grandioses Jubiläum mit zirka 7.000 Teilnehmern:
Jazzmusiker, Jazzpädagogen, Jazzwissenschaftler.
Kommunikation, Kooperation und Integration zwischen allen
Gruppen. Eine freundliche, flexible, humorvolle und
energiegeladene Atmosphäre! Jazz als Universalsprache
aus allen Kontinenten wurde als globale Musik der Zukunft
angeboten. Konzerte, Workshops, Vorträge, Ausstellungen
machten den 25. Jubiläumskongreß der International
Association of Jazz Educators zu einem gigantischen,
allen Menschen offenen "Supermarkt" von
"Jazz for children" bis zu weltberühmten
Profi-Big-Bands. Hier einige Anmerkungen zu den Themen
Big Bands, "Young Audiences" und Research
Section. Big Bands Die Carnegie Hall Jazz Band wurde 1991 gegründet und produziert durch George Wein eine Serie von jährlichen Festivals. Der musikalische Leiter ist der Trompeter Jon Faddis, der sich in der Dizzy Gillespie-Nachfolge sieht. Sowohl berühmte Jazzmusiker wie Randy Brecker, Byron Stripling, Slide Hampton als auch aufstrebende Talente werden präsentiert. Das Repertoire umfaßt u.a. hervorragende Arrangements zu Ellington- und Contrane-Kompositionen. Das Vanguard Jazz Orchestra - vorher Thad Jones-Mel Lewis Orchestra - ist eher eine experimentelle Jazzband auf höchstem Niveau und besitzt in dem Pianisten Jim Mc Neely einen hervorragenden Komponisten/Arrangeur, der auch für die Carnegie Hall Jazz Band und die WDR Big Band arbeitet. Das Vanguard Jazz Orchestra ist eine Art "Talentschmiede" für die besten Musiker, Komponisten/Arrangeure der Nation, auch durch pädagogische Angebote für High Schools und Colleges zum Zwecke der Nachwuchsförderung. Die Verpflichtung gegenüber dem Thad-Jones-Mel Lewis Orchestra beinhaltet vor allem die Förderung von Kreativität und Experimentierfreudigkeit. Die Mingus Band widmet ihre Arbeit Kreativität und Kooperationsfähigkeit und ist dem großartigen Repertoire des Bassisten und Komponisten Charlie Mingus gewidmet, der 1979 verstarb. Die Band wurde durch seine Witwe Sue Mingus organisiert. Sie betreut die Band weiterhin. Die Mingus Band besteht aus 14 der besten Musiker der US-Szene, darunter Randy Brecker und Howard Johnson. Seit 1991 spielt die Band einmal wöchentlich im Time Café, Greenwich Village, New York. Die Mingus Band überträgt eine humanistische Botschaft "All men and women are equal!" Das Maria Schneider Jazz Orchestra spielt seit 1993 montags im "Visiones", Greenwich Village, nahe dem berühmten Blue Note. Tourneen wurden von Europa bis China unternommen. Maria Schneider hat viele Orchester dirigiert, darunter die Carnegie Hall Jazz Band, die dänische und Kölner Radio Jazz Band. Sie schrieb Kompositionen, auch z.B. für Toots Thielemans. Der Gil Evans Preisträger von 1997 Jürgen Friedrich (Köln), Pianist, Komponist/Arrangeur, dirigierte seine lyrische Komposition "Voyage out" in klangbewegender Weise mit dem Maria Schneider Jazz Orchester. Die NDR Big Band, Hamburg, unter Dieter Glawischnig (Steiermark), ist laut eigenen Angaben der Duke Ellington Big Band nachgebildet. Sie besteht ausschließlich aus Solisten, die lange, expressive bis aggressive, wilde Soli in eigenem Stil und eigenem Interesse spielen. Die Kompositionen sind unter anderem von Jimi Hendrix, Duke Ellington, Charlie Mingus, Benny Goodman, Dieter Glawischnig. "Crossing over" ist kein Problem. Von den 18 Musikern der NDR Big Band sind 10 Komponisten/Arrangeure. Die WDR Big Band, seit 1994 unter Bill Dobbins
Leitung, vertritt ein breites Spektrum des Jazz und der
zeitgenössischen Musik. Zahlreiche CD's wurden
produziert, die großartige Jazzmusiker wie Bob
Brookmeyer, David Liebman, Jim Mc Neely, Mel Lewis
porträtierten. Das Mendoza/Mardin-Projekt
"Jazzpana" erhielt einen Grammy in der
Kategorie bestes Instrumentalarrangement. Das New York
Programm, das nach Deutschland live übertragen wurde,
umfaßte Kompositionen von Mingus, Mangelsdorff, Dobbins,
Strayhorn, Erskine, Coltrano. Das Klangbild und der
Ausdrucksreichtum der WDR Big Band reicht von
sophisticated-sensibel bis
spannungsreich-avantgardistisch. Trotz eindrucksvoller
Kontraste ist die WDR Big Band eine integrative, homogene
musikalische Formation, technisch perfekt, dynamisch
ausgewogen. Bill Mc Farlin: "This ist great!" "Young Audiences" Die IAJE sieht sich auch immer im Bereich der
Jazzpädagogik und Nachwuchsförderung. Larry Stein,
California, director composer, performer, educator,
organisiert die "Young Audiences" Programme und
produziert Musik für Konzerte, CD's, Tanz, Theater,
Film, Video. Zu einer öffentlichen Diskussion zum Thema
"Jazz, a Metaphor für the American Experiment"
wurden von Larry Stein eingeladen: Eddie Gomez (Bassist
mit dem Bill Evans-Trio), Billy Blanks (Tour- und
Produktionsmanager für das Lincoln Center Jazz
Orchestra), Ilse Storb (Jazzforscherin, Autorin von
Büchern über Dave Brubeck und Louis Armstrong), Jazz
als Basis für die allgemeinbildenden Schulen und für
die Erziehung im allgemeinen sollte weltweit eingeführt
werden. Jazz als Kunstform sowie der historische (the
african roots) und sozio-kulturelle Kontext des Jazz
(American classical music or world music) wurden
aufschlußreich, differenziert und lebendig aus
afro-amerikanischer, latein-amerikanischer und
europäischer Sicht diskutiert. Jazz Research Die Research-Abteilung wird von Larry Fischer geleitet (East Stroudsburg University, PA). Larry Fischer unterrichtet Musikgeschichte und betreut das Jazz-Archiv der Universität. Sein Buch "Miles Davis und David Liebman - Jazz Connections" wurde vor kurzem veröffentlicht. 17 ausgewählte Vorträge befaßten sich mit u.a. folgenden Themen: "Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft der Jazzpädagogik - ein Interview mit David Baker" von Dr. Monika Herzig, Indiana University; "Eine Unterhaltung mit Oliver Nelson jr." mit Dr. Larry Fischer; "Stilistische Charakteristika in den Improvisationen von Herman "Woody" Shaw" von Gavin Franklin, Victoria, Australia; Das Bass-Skalen-Projekt von Dr. Hans Turm, Ball State University; "Wer kritisiert die Kritiker?" von der Autorin dieser Zeilen, Dr. Ilse Storb, Universität Duisburg. |
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