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Ausgabe Mai 1998

TRANSATLANTIC
GABI'S CALLING


gwahlbri@student.berklee.edu
Gabi
Musiklehrerin für Saxophon und
Klavier an der Musikschule der
Stadt Regensburg, eine jazzbegei-
sterte, hochbegabte Musikerin,
aber auch Komponistin und Arran-
geurin. Sie fuhr zu einem Workshop
nach Perugia, stieg beim Abschluß-
konzert grippeumnebelt mit der
Workshopband aufs Podium und
kam mit einem Stipendium für
Berklee wieder herunter. Jetzt
studiert sie dort.


bayernjazz@t-online.de
Richard
ist Leiter des Bayerischen Jazz-
instituts und "Fachlicher Betreuer"
des Landesjugendjazzorchesters
Bayern.
Beide kennen sich seit Jahren, und
es erscheint uns nicht uninteressant,
was ihr Meinungsaustausch über
Amerika bringt.

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20. März 1998 06:57

Liebe Gabi,

hier nur eine kurze Zwischenmeldung. Im Aprilheft der Jazzzeitung wird es nun kein "Gabi’s Calling" geben, da alle Stoff-Reserven verarbeitet sind. Es wäre schade, wenn wir im Mai wieder nicht weitermachen könnten, möglicherweise reißt dann der Faden. Vielleicht kannst Du uns doch ein wenig von Deinen New York-Erlebnissen erzählen?
Im übrigen hoffe ich, daß es Dir gesundheitlich inzwischen wieder gut geht. Deine Stimme am Telefon klang fürchterlich.
Viele herzliche Grüße von der Donau, Dein alter Freund Richard.

04. April 1998 00:30

Lieber Richard,

gerade habe ich Deine Mail bekommen. Etwas spät, aber die Computer-Station war erst zehn Tage geschlossen und dann eine Woche kaputt. Es tut mir leid, daß ich nicht mehr rechtzeitig für die Zeitschrift schreiben konnte. Ich hatte verzweifelt versucht, Dich zu erreichen, ohne Erfolg, und hab dann aber sehr lange mit Axel gesprochen und ihn gebeten, Dir meine Situation zu erklären. So ganz hab ich mich noch nicht wieder erholt von der Grippe, weil hier einfach keine Zeit zum Erholen ist.
Ich steck im Moment bis zum Kragen in Schwierigkeiten. Letzten Montag hat man mir mein ganzes Hab und Gut gestohlen, aus einer abgeschlossenen Übezelle. Nie lasse ich mein Hörnchen allein, aber an dem Abend mußte ich schnell zu einer Probe laufen, ein Dozent wollte ein Stück von mir spielen mit seiner Band. Keine Zeit, meine sieben Sachen zusammen-zupacken und schon war es passiert, innerhalb von 15 Minuten war alles weg. Und die Leute haben den Typen auch noch ‘rumlaufen sehen mit meinem roten Saxofonkoffer. Er konnte den Ausgang nicht finden, ist umhergeirrt und hat alle möglichen Bekannten von mir nach dem Ausgang gefragt. Auch mein Sony-Professional Walkman ist weg, mit allem Drum und Dran. Den nehm ich normalerweise auch nicht mit, aber ich wollte mein Stück aufnehmen, wenn’s mal von guten Leuten gespielt wird.Aber es kam noch schlimmer, wir haben Detektiv gespielt und den zum Fürchten aussehenden Typen tatsächlich aufgetrüffelt. Die Polizei kam, hat ihn festgenommen. Er hat sich meine Freunde und mich gut gemerkt und ewig fixiert. Er war mit einem dicken Messer bewaffnet. Die Polizei kann ich nicht erreichen, ewig ist jemand anderes zuständig, der gerade 2 Tage frei hat, und ein Bekannter hat den Typen schon wieder ‘rumlaufen sehen. Mehr weiß ich im Moment nicht.
Meine Tournee durch die berühmten amerikanischen Gebrauchtmarktläden war ebenso gruselig. Jetzt weiss ich mittlerweile, wo man gestohlene Sachen am besten hinbringt, wenn man sie unauffällig loswerden will. Ich sage Dir, in der letzten Woche war ich so einige Male froh, heile und lebendig aus manchen Stadtteilen herausgekommen zu sein.
Nebenbei läuft die Berklee Maschine natürlich unaufhörlich weiter, und ich renne nur noch hinter meinem Stundenplan her, kann ohne Hörnchen auch nicht üben. Aber immerhin hat mir ein netter Mensch für unser Konzert im großen Konzertsaal ein Saxofon geliehen. Es war schon spannend, auf einem fremden Instrument, durch ein fremdes Mundstück zu solieren, und ich war heilfroh, daß alles hingehauen hat. Das nächste Konzert folgt nächste Woche.
Mittlerweile hat die Greg Hopkins Bigband mein Bigband-Stück gespielt. Was hab ich das Parts-Schreiben verflucht, aber das Resultat hat Spaß gemacht, jedenfalls etwas. Nächste Woche wird ein Arrangement von mir (auch im Grossen Konzertsaal) aufgeführt. Diese Sachen sind alle ganz nett, wollen aber auch erledigt sein, so nebenbei.
Jetzt hör ich auf. Es reicht, glaub’ ich, um zu zeigen, daß hier der Teufel los ist, und ich hoffe den amtlichen Brief bald schreiben zu können. Ich wünsche Dir bis dahin eine schöne Zeit (immerhin laufen in Regensburg keine Mörderer herum).

Also bis bald, liebe Grueße von der mitten im Ami-Krimi steckenden Gabi.

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