Ausgabe Mai
1998 NEUE CD
Together - Engelbert
Wrobel´s Swing Society
feat. Hazy Osterwald
NCC 8508, 1998
(0221) 948 640-0
Autor: Felix Janosa
Home
|
"Kriminal-Tango
in der Taverne, dunkle Gestalten, rote Laterne":
Wenn die großen Plattenfirmen momentan ihre Archive nach
"kultigem" Material für den gegenwärtigen
Schlagerboom durchforsten, wird garantiert das ein oder
andere Amüsante vom legendären Hazy Osterwald Sextett
wieder das Ohr der Öffentlichkeit erreichen. Aber wer
außer Zeitzeugen und Jazzhistorikern weiß noch, daß
der in Bern geborene Musiker eine der wichtigsten Figuren
des europäischen Nachkriegsjazz war und sogar beim
legendären Pariser Jazz-Festival im Jahre 1949 mit Miles
Davis auf der Bühne stand? Hazy Osterwald hat sein
Vibraphon wieder ausgepackt und das ist ein Verdienst des
Klarinettisten Engelbert Wrobel, der - selten in der
deutschen Szene - mit seiner fünfköpfigen Swing Society
eine nahezu bopfreie Jazzstilistik in kleiner Besetzung
pflegt, ohne jemals in die verdächtige Nähe von
bräsigem Frühschoppen-Jazz zu geraten. Die musikalische
Begegnung auf einem Kreuzfahrtschiff brachte den
prominenten Altmeister zur Plattenaufnahme mit den jungen
Musikern aus dem Kölner Raum. Wer die legendären
Aufnahmen des Benny Goodman Sextets kennt, kommt bei
dieser vitalen Hommage an die Swing-Ära eh auf seine
Kosten; den Kids sei gesagt: Dies ist die Jazz-Platte,
die Helge Schneider leider nie gemacht hat. Das
Repertoire ist gut gemischt - viel Ellington, ein wenig
Basie und Goodman, ein paar selten gespielte
Swing-Standards, ein wenig eigenes "im Stile
von". Vom mittlerweile 76jährigen Gastsolisten sind
keine "innovations in jazz" zu erwarten, aber
Osterwald swingt wie die meisten Jungjazzer es sich nur
wünschen können. Die bemerkenswertesten solistischen
Beiträge kommen vom Basie-orientierten Pianisten
Christian Hopkins, vom elegante Bögen spielenden Rolf
Marx und vom Leader Wrobel. Die Swing-Klarinette ist sein
Zuhause: der Ton humorvoll, knurrig und mit
Goodman´schem Biß, die Soli voller stilsicherer Effekte
und Capricen. Auf dem Tenorsaxophon ist Wrobel ähnlich
wendig, doch gerät sein Spiel hier in die Nähe von
Tanzmuckertum, der Ton entbehrt der persönlichen Note.
Produktion und Sound der sechzehn Titel sind brilliant
und fast ein bißchen zu clean; bei einer derart
eingespielten Truppe käme ein Live-Mitschnitt sicher
noch besser. |