Ausgabe Mai
1998 JUBILEE Kärnerarbeit wider den Zeitgeist - 40 Jahre "Birdland" Autor: Reinhard Köchl |
Bayerns zweitältester Jazzclub, das "Birdland" in Neuburg, feiert sein 40jähriges Bestehen Jazzclubs kommen und gehen. Wolfgang Bauer nannte sie mal in der Kulturzeitschrift "Du" unbarmherzig "ein System, das sich selbst auffrißt". Nichts, aber auch rein gar nichts, außer blindem Idealismus könne diese leicht konspirativen Treffpunkte für Fossile einer längst verblichenen Ära von Swing und Bebop noch am Leben erhalten. Aber einige wenige bleiben dennoch bestehen allen Grabesreden zum Trotz. Wie etwa der "Birdland"-Jazzclub in Neuburg an der Donau, die in jeder Hinsicht bemerkenswerte Ausnahme einer leider allzu häufig bestätigten Regel. 1998 feiert das "Birdland" sogar seinen 40. Geburtstag und darf sich damit hinter dem Nürnberger "Jazzstudio" zweitältester Jazzclub Bayerns nennen. "Wir versuchen, die Fehler der anderen zu vermeiden und haben obendrein auch ein bißchen Glück", sagt Manfred Rehm, dessen Vorsitzender. Seinen eigenen Anteil am überraschenden Aufschwung, der dem 90 Plätze umfassenden Kellergewölbe im Herzen Bayerns inzwischen sogar den Ruf des vielleicht schönsten und stimmungsvollsten Jazzclubs in Süddeutschland eingebracht hat, unterschlägt Rehm dabei geflissentlich. Aber ohne ihn, den Motor, Antreiber und (keinesfalls blinden, sondern pragmatischen) Idealisten hätte die kühne Idee, Jazz in einer Kleinstadt wie Neuburg zu etablieren, längst in aller Stille zu Grabe getragen werden müssen. Arbeiten wider den Trend; für Rehm inzwischen fast eine Art Lebensmotto. Er sucht nach Lösungen für Probleme, die andere längst resigniert ad acta gelegt hätten, begreift Rückschläge als Herausforderungen und besitzt die rare Fähigkeit, seine eigene Begeisterung für Jazz mühelos in kurzer Zeit auf andere übertragen zu können. An der Beharrlichkeit des "Impresarios" und seinem manchmal fast stoischen Gleichmut prallt nahezu jede Widrigkeit ab wie ein Regentropfen. Mit Engelszungen überzeugte er skeptische Mandatsträger und nutzte schlau manche "ortspezifische Besonderheit" zu seinen und des "Birdland" Gunsten. Denn gerade in einer Stadt mit 27.000 Einwohnern darf ein Kulturmäzenatentum alter Schule, wie das des Geschäftsmannes Fritz von Philipp, keinesfalls als gängige Regel betrachtet werden. Philipps beachtliche finanzielle Hilfe, die nach chronischen Konflikten mit dem Neuburger Kulturamt erst vor wenigen Wochen von Oberbürgermeister Hans-Günter Huniar zur Chefsache erklärte Unterstützung durch die Stadt sowie die Rekrutierung eines Pools von weiteren Sponsoren federn das notorische Draufzahlgeschäft eines Jazzclubs ab und garantieren einen weitgehend sorgenfreien Blick in die Zukunft. Seine Midlife-Crisis nahm sich das "Birdland" schon Mitte der 60er Jahre, als der "gemeinnützige Verein zur Förderung und Pflege der Jazzmusik" nach kurzer Lebensdauer in einen Dornröschenschlaf fiel. 1958 mit hehren Ambitionen ins Leben gerufen, ebbte das Interesse der Mitglieder spätestens mit dem Wegzug von Vereinsgründer Helmut Viertl nach Burghausen (wo dieser Jahre später die "Burghausener Jazztageä ins Leben rief) ab. Nur Rehm, der schon bei der Gründung als 18jähriger dabei war, blieb weiter am Ball, organisierte als Einzelkämpfer gelegentlich Konzerte und witterte 1985 mit der Neueröffnung der "Schönen Aussicht" die Chance, den zwei Jahrzehnte zuvor fallengelassenen roten Faden wieder aufzugreifen. Als die Probleme einmal mehr aus den Fugen zu geraten drohten die Brauerei hatte gerade den Pachtvertrag für das nächste, mühevoll hergerichtete Vereinslokal "Cocodrillo" gekündigt da stieß der Clubvorsitzende unerwartet auf ein längst vergessenes Juwel. Bei Sanierungsarbeiten an der 1783 erbauten Hofapotheke in der Altstadt kam ein prächtiges Kellergewölbe mit Rundbögen zum Vorschein. Die Lösungsformel schien klar: moderner Swing in altem Gemäuer. Seit Februar 1991 besitzt das "Birdland" deshalb endlich ein dauerhaftes Zuhause sowie die Möglichkeit, wohldosierte Konstanz mit über 50 Events pro Jahr anzubieten. Regelmäßig am Wochenende (mit Ausnahme der Sommermonate) gibt es ein, manchmal auch zwei Konzerte. Von der "Provinz Neuburg" mag schon lange niemand mehr reden. Eher schon von einer Hochburg des Swing, Bebop und Modern Jazz in Bayern, deren Stammklientel erstaunlicherweise aus den Großräumen Ingolstadt, Augsburg und sogar München (!) anreist, die sich den Luxus eines hochwertigen Bösendorfer-Flügels und das Privileg eines eigenen Plattenlabels ("Birdland Neuburg") mit bislang fünf Veröffentlichungen, natürlich alle live, leistet. Zum 40. Gründungstag des Vereins wartet Manfred Rehm mit einem erlesenen Jubiläumsprogramm mit Topacts wie u. a. Melissa Walker (8. Mai), Kenny Wheeler- John Abercrombie-Marc Copland (9. Mai), Mike Mainieri (15. Mai), der Neuauflage der legendären "Three Generations Of Tenorsaxophon" mit Johnny Griffin, Roman Schwaller und Paul Heller (22. Mai), einer Begegnung mit Piano-Superstar Ahmad Jamal (30. Mai), dem einzigen Deutschland-Konzert des grandiosen Duos Charlie Haden-Kenny Barron (1. Juni), dem Dave Brubeck Quartet im Stadttheater (9. Juni) sowie einem Jubileekonzert mit dem topbesetzten "Munich Jazz Orchestra" am eigentlichen Geburtstag, Mittwoch, 10. Juni, auf. Zumindest das Neuburger "Birdland" scheint ein Garant dafür, daß die allerorten totgesagte Institution "Jazzclub" auch das nächste Jahrtausend erleben wird. Platzreservierungen im Neuburger "Birdland"-Jazzclub sind unter Telefon (08431/41233), per Fax (08431/46387) oder per e-mail (bjc.n@t-online.de) möglich. Die Konzerte beginnen jeweils um 20.30 Uhr (Stadttheater: 20 Uhr). Der Club verfügt auch über eine eigene Homepage http://www.jazzpages.com/BirdlandNeuburg mit ständig aktualisierten Informationen. |
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