Ausgabe April
1998 NEUE CD Kenny Werner Trio Autor: Reinhard Köchl |
Alles neu bei
Kenny Werner. Label, Mannschaft, Produzent und die
Intention, ein Album einmal nicht nach einem Songtitel zu
benennen. So darf der exzellente Techniker am Elfenbein
seine aktuelle CD getrost als zweite Chance begreifen,
sein reiches Talent nach über 20 Jahren im
unbefriedigenden Dunstkreis des Geheimtips endlich
gebührend darstellen zu können. Die französische
Dependence von RCA Victor offeriert dem 46jährigen New
Yorker jedenfalls alle erdenklichen Freiheiten sowie eine
Crew, die augenblicklich zu den absoluten Topadressen der
vereinigten Jazzrhythmiker zählt. Anders als bei Werners
Urtrio mit Ratzo Harris und Tom Rainey, die darauf
geeicht schienen, ihrem Boß automatisch jeden Ball
zuzuspielen, drängt es Dave Holland und Jack DeJohnette
förmlich zur Parität. Allein durch solch geballte
Präsenz wirkt die für gewöhnlich reiche Linearität
und Zügigkeit des Pianisten etwas gedrosselter, ohne
daß es den Themen freilich an Kraft oder Spannung
mangelt. In Tunes wie "Amonkst",
"Ivoronics", "Footsteps" oder dem
guten alten "Worksong" steckt eine Art
surrealistischer Groove, der unbekümmert alle Ecken der
Themen berührt, während das Trio beim restlichen
Material eine deutlich nachvollziehbare Verschmelzung der
Gefühle anstrebt. Diese Musik schwebt stets dorthin, wo
sie der Gedanke trägt, sie produziert hinreißende
Stimmungswechsel und verfügt über genügend emotionale
Tiefe. Ein neuer Kenny Werner mit einem Konzept, das der
Philosophie seines Förderers Charles Mingus, der ihn
1978 für seine letzten Platte engagierte, von allen
bisherigen Werner-Alben wohl am nähesten kommt, aber
durchaus noch Reserven in sich birgt. Wenn dieses Trio
keine Eintagsfliege darstellt, lohnt es sich, ein Auge
darauf zu behalten. |
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