Ausgabe März
1998 BUCH Diary of Jazz Edited by Ingo Wulff. Autor: |
Zugegeben, diese
Besprechung kommt etwas spät, aber da es sich um einen
"ewigen" Kalender handelt, ist es nie zu spät.
Brauchen kann ihn jeder, der mit Jazz zu tun hat, denn
für jeden Tag des Jahres findet man ein bis zehn
Geburts- und Todestage berühmter Jazzer/innen
verzeichnet. Was fühlt ein Rezensent, wenn er plötzlich ein wunderschön aufgemachtes Buch in den Händen hält, wie er es sich selbst schon immer zum Nachschlagen gewünscht hatte? Zunächst Enttäuschung, weil das Werk nicht so umfassend ausgefallen ist, wie es Ingo Wulff sicherlich leichtgefallen wäre. Lücken hat natürlich jedes Nachschlagewerk, aber das hat meist Platzgründe. Hier wird der zu Verfügung stehende Raum zugunsten weißer Fläche überhaupt nicht ausgenutzt. Das Buch wäre keine Seite länger, kein bißchen unübersichtlicher, wenn man die Datenmenge verdoppelt hätte. Schade. Andererseits hat der Benutzer reichlich Platz für Nachträge. Konkret bedeutet dies: Am 1.Juni finden wir nur zwei Eintragungen. Wir erfahren, daß Lennie Niehaus Geburtstag hat, aber nicht ein ebenso zu Unrecht vergessener, ebenso begabter Altist mit ihm feiern kann: Hal McKusick. Unterschlagen wird uns auch, daß Nelson Riddle am 1.6. Geburtstag gehabt hätte und daß Papa Jack Laine an einem ersten Juni starb. Dafür wird der Tod von Don Grolnick am 1.6.1996 verzeichnet. 2. Stichprobe. Nehmen wir den 7. Februar, an dem diese Rezension verfaßt wird. Hier wird nur der Geburtstag Eubie Blakes angegeben, der von King Curtis. Die Todestage vom 7. Februar Red William McKenzie und Peanuts Holland finden auch keine Berücksichtigung. Wer sich für Oldtime, Swing und Blues interessiert, wird an diesem Kalender weniger Freude haben als der Besucher heutiger Konzerte: Allein zwischen dem 6. und dem 10. Februar fehlen so wichtige Musiker wie Chick Webb, Lonnie Johnson, George Brunies und Walter Page. Der Schwerpunkt ruht auf der aktuellen Jazz-Szene. Hier allerdings kann der Benutzer in Jubel ausbrechen: Denn Renaud Garcia-Fons (Heiligabend) und Zarak Simmons (den uns der 1. Weihnachtstag an Stelle von Oscar Moore schenkt) findet man derzeit in keinem Lexikon. Ob Torbjörn Hultcrantz und Lars Danielsson wichtiger sind als die unerwähnten Eje Thelin, Bengt-Arne Wallin mögen ihre Landsleute entscheiden; schön jedenfalls, daß unsere europäischen Musiker so gut vertreten sind! Da wird gerechterweise sogar Max Brüel aufgeführt, ein Pionier des Sopransaxophons im modernen Jazz, der in jedem Lexikon fehlt. (nur: Wer nicht zufällig weiß, wer das ist, erfährt es vom Diary freilich auch nicht; weder Instrument, noch Geburt/Sterbe-Ort werden erwähnt.) Lob gebührt auch der Verläßlichkeit der Daten: Lexikalische Irrtümer konnten zum Teil im Gespräch mit Musikern, teils in Absprache mit dem Jazzinstitut Darmstadt geklärt werden. Nun wäre das Diary kein Buch des ambitionierten Nieswand Verlags, wenn es nur ein schlichter Datenkatalog wäre: Wunderbare ganzseitige Photographien von William Claxton, Bob Willoughby und 19 Anderen zieren das Werk sowie zwölf über den Tag hinaus lesenswerte Interviews von Karl Lippegaus, der Miles Davis, Astor Piazzolla und anderen interessante Sätze entlockte. Fazit: Ein ebenso unvollständiges wie unentbehrliches Buch! |
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