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Bill Carrothers Clifford Brown hinterließ trotz seines erschreckend kurzen Lebens
ein Erbe, das über Generationen reicht. Wenn sich nun der Pianist
Bill Carrothers mit der Hinterlassenschaft des legendären Trompeters
beschäftigt, darf mit einer besonderen Hommage gerechnet werden.
Zu simpel wäre das Zitat, zu kleingeistig das Recycling, zu banal
die Antithese. Bill Carrothers ist ein Mann für unberechenbare,
zugleich feingeistig filigrane Kreativität. Bobby McFerrin Es hat kosmische oder zumindest unsere ganze Welt umspannende Züge,
das Unterfangen, dem sich Bobby McFerrin gemeinsam mit dem klassisch
ausgebildeten Komponisten, Arrangeur und Sänger Roger Treece stellte.
Der eigentliche Anlass war eher profan – Treece hörte sich
auf Veranlassung von McFerrins Managerin durch ein paar hundert Stunden
Liveaufnahmen McFerrins. Sei’s drum: Sieben Songs in ebenso vielen
Jahren schrieb Roger Treece am Ende für das Projekt – faszinierend,
wie hier Zahlenmagie und Spiritualität einfließen. McFerrin,
der schon des öfteren mit „Voicestra“, seinem zwölfstimmigen
Gesangsimprovisationsensemble, unterwegs war, bringt auf dem neuen Album
seine Motivationsfähigkeit für andere und seine stimmliche
Einzigartigkeit voll zum Tragen. Letztlich erschafft der mehrstimmige
Gesang auf „VOCAbuLarieS“ durch den Einsatz von fünfzehn
Sprachen und McFerrins „eigener“ Sprache eine bislang ungehörte
Vokalkunst, ein neues, grenzüberschreitendes, dabei für alle
Menschen verständliches Genre. Denn Worte, egal ob sie inhaltlich
verstanden oder lediglich als menschliche Äußerung wahrgenommen
werden, sind es, worin wir uns alle wiederfinden – als „Spezies
Mensch“. Und auf dieser CD, mit sparsamer Begleitmusik, entspringt
aus der Sprache eine wohlige Wärme, entsteht aus Worten eine friedvolle
Ansprache an die Menschheit. Reiner Gesang ergibt letztlich eine Musik
voll harmonischer Schönheit. Erstaunlich, wie schnell da Schubladendenken
oder auch Ländergrenzen zur Bedeutungslosigkeit verblassen… Fred Frith Cosa Brava Fred Frith, ein Impressionist, der Emotion aus elektrifizierter Klangfarbe
zu schöpfen weiß - oder der einfühlsame Komponist, der
in melodiösen Songstrukturen denkt und diese mit kongenialen Mitmusikern
zur Entfaltung bringt? Auf seinem neuesten Album demonstriert der Brite
vor allem letzteres. Vereint findet sich hier sein Spiel mit langjährigen
Weggefährtinnen und -gefährten wie Zeena Parkins und der Violinistin
Carla Kihlstedt. Was sind das für Song-Epen, die sich hier in 13
langen Stücken aufbauen, und in denen sich viele Bezüge aus
der reichen Schaffenshistorie von Fred Frith aufs kunstvollste verwoben
finden! Die sich oft zu rockiger Emphase, dann wieder zu fragilen Momenten
subtil-betörender Schönheit aufschwingen! Collagenhaft und
in tänzerischer Leichtigkeit geht es durch epische Labyrinthe. Sperrig-verspielte Michael Schiefel Momentan weiß man gar nicht, welche Vokal-Solo-Veröffentlichung
man zuerst hören soll. Da gibt es Neues von Bobby McFerrin, Theo
Bleckmann und Michael Schiefel. Mit seinem fünften Solo-Album „My
Home Is My Tent“ hat sich Michael Schiefel gegenüber seinen
Kollegen vor allem eines bewahrt: eine absolute Natürlichkeit, die
trotz der gewählten „Alben-Thematik“ nie gekünstelt
oder aufgesetzt daherkommt. Schiefel gewährt hier einen lyrisch
kosmopolitischen Einblick der von ihm bereisten Großstädte
in den letzten Jahren und reflektiert mit 100prozentigen vokalen Solo-Äußerungen
seine Eindrücke. Dabei verliert er sich nicht in selbstverliebte
Stimmakrobatik, sondern bewahrt trotz aller Komplexität seiner Kompositionen
eine ungeheure Leichtigkeit und einen inspirierenden Groove. Ob Scatgesang
oder Beatbox, abgefahrener Text- und/oder Sprachwitz, sein vokales Klangspektrum
begeistert von Anfang bis Ende. Zusätzlich nutzt er ein speziell
entwickeltes Loopgerät, das ihm auch live ermöglicht, verschiedene
Stimmen übereinander zu lagern, und mit ein paar weiteren elektronischen „Spielereien“ gewinnt
er praktisch unbegrenzte Möglichkeiten, seine Solo-Stimme in Szene
zu setzen. Dazu gesellt sich dann der typisch schiefelsche Schelm mit
Spaßfaktor. Bei allem Tiefgang und Virtuosität schwingt bei
ihm immer eine große Portion Humor mit, was ihn in die Lage versetzt,
auch Ungewöhnliches ernsthaft, ohne groß aufgesetzte Dogmatik,
auszuprobieren. Erster Impuls nach dem Hören seiner CD: Lust auf
die Repeat-Taste! Keith Jarrett/Charlie Haden Jarrett und Haden tauchen mit ihrer Musik ab. Ab in
den Keller einer intensiv-intimen Insichgekehrtheit – wozu die sehr „trockene“ Aufnahmeakustik
ihren Teil beisteuert. Die zwei Musiker musizieren hier auf extrem hohem
Entspannungsniveau. Der Duktus ist im Wesentlichen karg, das Improvisationsgeschehen
ist alles andere als blendend. Was so leicht dahinzuplätschern scheint,
ist aber sehr wohl alles andere als nebensächliches Gedudel. So
leer zu spielen wird nicht deshalb zwangsläufig hohl. Selbst kleinste
Phrasen zu beseelen, ist hier das Ereignis. Insgesamt gelingt das alles
bei Jarrett besser als in den noch schwerlich gefüllten Soli von
Haden. Das ästhetische Verfahren schließt nicht aus, das in
dieser losen Musik auch hochverdichtete polyphone Passagen sich ereignen
wie auf Track 3 (No Moon At All). Umso mehr fällt auf, wenn es auch
mal nicht funktioniert, wie in einer erstaunlich unkonzentrierten Passage
bei Haden auf Track 1 (For All We Know), wo ein Basston förmlich
herausknallt. Unwahrscheinlich, dass dies gewollt gewesen sein mochte. Dick Hyman‘s Century of Jazz Piano (5 CDs
+ 1 DVD) Dick Hyman gehört sicherlich zu den vielseitigsten Pianisten der
Jazzgeschichte. Vom Ragtime bis zum Bebop (er ist der Pianist in Charlie
Parkers Videoaufnahme von „Hot House“) beherrscht er eine
Vielzahl von Spielweisen, die sich nicht nur im musikalischen Material,
sondern auch im Anschlag sehr unterscheiden. Jetzt aber hat er sich selbst
noch übertroffen und in 100 (!) Soloaufnahmen, drei Titeln mit einem
Bassisten und einem mit einem zweiten Bassisten in hervorragender Tonqualität
die Entwicklung des Jazzklaviers von den Anfängen bis zum Ende des
20. Jahrhunderts nachgezeichnet (1996/97 gab es schon einmal eine Vorstufe
dieses Projekts). Nur selten sind es notengetreue Interpretationen; zumeist
handelt es sich um Stücke mit minimalen, gelegentlichen oder substanziellen
Veränderungen (jeweils im Booklet angegeben). Das Ganze ist in 23
Abschnitte eingeteilt, die stilistisch von „Ragtime: First Signs,
Birth, Flowering“ bis zu „Unstructed Free Improvs“ reichen.
Letztere gehören zu den Höhepunkten der Kassette, geprägt
von starkem Formwillen und Sinn für Spannung und Dynamik, ohne je
in Redseligkeit zu verfallen. Da steht Hyman Paul Bley näher als
Keith Jarrett. The Don Rendell/Ian Carr Quintet Zwei der besten CDs einer führenden englischen Jazzgruppe der 60er-Jahre,
mit wunderbar gelöstem und zugleich konzentriertem Zusammenspiel,
wie es nur eine langjährige in gleicher Besetzung bestehende Band
zustande bringt, dazu Themen und Arrangements mit Substanz. Neben den
beiden Bläsern gehörten Dave Green, b, (sehr souverän)
und Trevor Tompkins, dm, dazu. Anstelle von Pianist Colin Purbrook spielte
auf der zweiten CD Michael Garrick. Höhepunkt auf CD 1, die ganz
dem Blues gewidmet war („in form or feeling“, wie es im Booklet
heißt), ist für mich. „Just Blue“, auf CD 2, das
nur aus first takes besteht (!), „Spooks“, in Thema und Entwicklung
an George Russell erinnernd. Bemerkenswert im übrigen die unterschiedlichen
Stimmungen, über die diese Besetzung verfügte. Und Don Rendell
zählt allein schon mit diesen beiden CDs zu den großen europäischen
Jazzmusikern. Stacey Kent Stacey Kent galt bislang als Interpretin des Great American Songbook.
Nun hat die amerikanische Sängerin ihre Liebe zu Frankreich in Töne
gegossen. Die neue Platte „Raconte-moi…“ ist bestückt
mit zwölf federleichten, bittersüß-melancholischen Stücken,
die wie Luftballons im Grenzbereich zwischen Jazz und Chanson schweben.
Stacey Kent singt natürlich und unprätentiös; sie vertraut
auf den warmen, sinnlichen Klang der französischen Sprache. Dass
die Songs so wunderbar transparent, verträumt und entspannt daher
kommen, liegt aber auch an den kammermusikalisch schlichten, dennoch
stets originellen Arrangements. Mal kreuzt eine Oboe die Singstimme,
dann wieder tupft das Klavier leuchtende, impressionistische Harmonien.
Den Auftakt macht eine Bossa-Nova von Carlos Jobim, die dank der leichtfüßig
beschwingten Gitarrenbegleitung einen milden Frühlingstag herauf
beschwört. Die Stimmung der schönsten Jahreszeit von allen
wird im Jazz-Standard „C’est le Printemps“ vertieft.
Einen Kontrast bilden die kühl tropfenden Klavier- und Xylophon-Akkorde
in „Jardin d’hiver“, dem „winterlichen Garten“ – mit
diesem Stück verbeugt sich die Sängerin vor dem legendären
Chansonnier Henri Salvador. Ein einsam und melancholisch hinkender Walzer
entstammt einer Filmmusik aus den 50ern. Mehrere Songs ließ sich
Kent von jungen Musikern aus Frankreich auf den Leib schreiben. Sie zeigen,
wie einfallsreich und vielseitig man dort heute mit dem Chanson-Erbe
umgeht. Paragon Morgens um 5.00 Uhr. Man schlendert mit Peter Ehwald aus dem Jazz-Club
durch das graue, menschenleere Köln. Man spürt eine leichte
Schläfrigkeit, angenehm, entspannt, kickt eine Zigarettenschachtel
zur Seite, und dann kommt dieser Swing wie der Geruch nach frischen Brötchen
um die Ecke... Einen ganz anderen Drive hat London. In der Komposition „Tiny
Thompson“ hetzt man mit Arthur Lea durch die Metropole in der Rushhour.
Und schon ist man mitten drin in „Quarterlife Crisis“, dem
dritten Stück der gleichnamigen CD von Paragon. Hinter dem geheimnisvollen
Namen stehen vier eigenständige Musikerpersönlichkeiten, die
sich durch Perfektion sowie ein fantasievolles wie intelligentes Improvisationstalent
auszeichnen. Den komponierenden Kern bilden der Saxophonist Peter Ehwald
und der Pianist Arthur Lea, die seit ihrem ersten gemeinsamen Auftritt
2003 im Londoner Jazzclub 606 eine musikalische Symbiose eingehen. Ehwald
ist bekannt für seine Kunst, zu arrangieren und auf dem Saxophon
zu experimentieren. Er versteht es, besonders die leisen Töne poetisch
zu nuancieren. Leas fantasievolle Spielfreude lobte niemand treffender
als John Fordham im „Guardian“: „Er ist wie ein Thelonious
Monk des 21. Jahrhunderts.“ Akzentuiert bläst er das in England
populäre Tenor Horn. Nicht zu unterschätzen sind der Bassist
Matthias Akeo Nowak und der Drumer Jon Scott. Die beiden versierten Instrumentalisten
sorgen für einen packenden Rhythmus, sie tragen die Melodie, fordern
sie heraus und treiben sie an. Various Artists Hier ,weept’ beileibe mehr als eine Gitarre. Im Ganzen sind es
acht Instrumente, auf denen ebenso viele Interpreten von Labelchef Peter
Finger, über US-Gitarrenmeister Eric Lugosch bis zum französischen
Fingerstyler Francois Sciortino die zeitlose Musik der Fab Four in neuer
Form erstrahlen lassen. 16 Beatles-Titel, darunter die wenig bekannten
Kompositionen „I Will“ und „In My Life“ – mit
genießerischer Lust an jazzigen Akzenten, wunderbaren Ideen und
warmherziger Lässigkeit von Lugosch gespielt – hat der Produzent
für die Compilation ausgewählt. Neben zigtausend Nachfolgern
vom Beatles-Chor über diverse Coverbands bis zu „Beatles auf
Saxophon“, Eierbechern oder Mundorgeln, ist es ein angenehmer Genuss,
die bekannten Melodien und Themen einmal in der begrenzten Version von
Solisten unplugged zu hören. Opener und Schluss gestaltet Finger
mit einer nahe am Original liegenden Interpretation des Gassenhauers „Ob-La-di,
Ob-La-Da“ und einer bezaubernden Fassung des titelgebenden George-Harrison-Klassikers „While
My Guitar Gently Weeps“. Die übrigen Songs stammen alle vom
genialen Duo McCartney/Lennon. Ein wundervolles, süffiges „Norwegian
Wood“ steuert Lex van Amsterdam bei, Sciortino lenkt mit Schwung
und Swing „Drive My Car“ und vor allem „Eight Days
A Week“ über die in der Mittagssonne leuchtende Gitarrenpiste.
Durch und durch hörenswert. Martin Ehlers Trio feat. Bislang hat Martin Ehlers zwei Alben ausschließlich mit Eigenkompositionen
vorgelegt, das dritte folgt jetzt konsequent. Den Durchbruch hat der
norddeutsche Pianist, der bislang als Arzt an der Waterkant arbeitete,
bislang nicht geschafft. Wie auch, bei dieser Doppelbelastung. Bei JazzBaltica
im vergangenen Jahr aber ließ er aufhorchen. Nach allzu satten
Klangmalereien stellt Ehlers jetzt eher seine lyrischen Qualitäten
heraus, reich an Farben, Harmonien und Melodien. Inspiriert von Bugge
Wesseltoft und Esbjörn Svensson, dem er das Schluss-Stück „Don´t
forget“ widmet, reflektiert der Pianist mit seinem Trio eine Reihe
privater Einschnitte von Leben, Liebe, Tod. Entstanden sind lyrische,
melodisch stimmige Studien, getragen von elegantem Anschlag. Die innere
Ruhe, die alle acht Stücke ausstrahlen, kontrastiert gelegentlich
Ingolf Burkhardt. Insgesamt aber hält sich der Gast, der in der
NDR-Bigband Trompete bläst, zurück. Seine Klangfarben durchbrechen
die verhangene, melancholische Grundstimmung mit neuen Klangfarben, ohne
den Fluss der Interpretation zu beinträchtigen. So bleibt das klassische
Klaviertrio im Rahmen. Martin Ehlers, der durch Konzerte mit Joachim
Kühn zum Jazz gefunden hat, füllt ihn nicht profillos aus.
Mit romantischem Impetus und traumwandlerischem Zusammenspiel kommt man
auch weiter; heilsam ist diese Musik allemal. Marcus Bartelt & Martin Sasse Jeder hat ihn im Ohr, den brodelnden Groove, wenn
sich Saxophonisten mit Meistern auf der Hammond zusammen fanden, etwa
Eddie „Lockjaw“ Davis
mit Shirley Scott, Johnny Hodges mit Wild Bill Davis, Roland Kirk mit
Jack McDuff. Stets waren es Alt- und Tenorsaxophonisten. Aber da gab
es – unter George Benson – auch mal ein tolles Orgel-Bariton-Gespann:
Dr. Lonnie Smith und Ronnie Cuber. Dieses Paar hatten sich Pianist Martin
Sasse und Baritonsaxophonist Marcus Bartelt zum Vorbild genommen, als
sie vor zwei Jahren das „Into the Blue“-Quintett zusammenstellten,
um ihrer Bewunderung der berühmten Orgel-Sax-Bands der 50er- und
60er-Jahre zu frönen. Zahlreichen Live-Auftritten folgt nun diese
in Tempi und mood fein abgestimmte CD. Die Orgel ist zwar Sasses „zweites“ Instrument,
aber er spielt es nicht weniger swingend und virtuos wie das Piano. Und
Marcus Bartelt, einer der gefragtesten Baritonspieler in Deutschland
und Benelux, nebenbei auch noch Gründer des Cologne Contemporary
Jazz Orchestra in Köln, improvisiert leichthändig und flüssig,
als spiele er Tenor oder Alt. Johannes Behr, g, Ingo Senst, b, und Jens
Düppe, dr, drei feste Größen der rheinischen Jazzszene,
liefern nicht nur das stimmig groovende Rhythmuskorsett, sondern bieten
auch solistische Klasse. Vier Titel stammen von Bartelt, drei von Sasse.
Dazwischen ganz wunderbar interpretiert: Billy Strayhorns „Chelsea
Bridge“. Ein Juwel des Soul Jazz. Science Fiction Theater Inspiriert von den Weisungen der Zukunft vergangener Jahrzehnte, hat
Christoph Grab eine Mannschaft um sich versammelt, die noch jedes gottverdammte
Nest für sich einnehmen wird. Mit acht Stücken beschert uns
dieses Theater einen Gang über einen Jahrmarkt, dessen Attraktionen
bessere Tage kennen, sich selbst aber einnehmend gut gefallen. An Anfang
und Schluss dreht sich dieses Karussell in eine „Sweet Paranoia“,
dazwischen warten Schießbudenfiguren wie „Esmeralda“ und „Dirdy
Birdy“ auf ihren Abschuss durch die „Killertomaten“.
Die prophetischen Gesten echter Filmkomponisten wie Ennio Morricone oder
Nino Rota veranlassen den Schweizer Saxophonisten anscheinend auch zu
einer Hommage an ihre Typenentwürfe und Stimmungen... Demnach darf
die Gitarre vorweg surfen oder an ihre Rolle in Duellen abgehalfterter
Pistoleros erinnern, die Bassklarinette eine Vorstadt-Stripperin mit
schmonzettigen Melodien umwerben. Dazu zirpen die Rhodes vor sich hin,
eine Melodica säuselt und die Perkussion unterbietet sich einmal
selbst im schleppenden Rhythmus eines abgebrühten Routiniers. Dabei
erfasst Tobias Schramm den B-Movie-Sound der 1960er Jahre vom Draufhauen
bis hin zum liebevollen Begleiten. Erstaunlich, wie spielerisch Grabs
Stücke Assoziationen mit liebgewonnenen Schrägheiten der Filmgeschichte
schüren, bedeutungsschwangere Stimmen aus dem Kinojenseits tun ihr übriges. Larry Porter Group
with Guests Legt man die neue CD von Larry Porter in den Spieler, erwarten den
Hörer
ungewohnte Klänge. Aber von diesem Musiker wird man immer wieder überrascht.
Zu vielseitig sind seine musikalischen Interessen, egal ob als Interpret
oder Komponist. Das wurde besonders deutlich, als sein Streich-Quartett
vor vielen Jahren (in Taufkirchen bei München?) zu hören war.
Der Amerikaner Larry Porter lebt seit über 30 Jahren mit Unterbrechungen
in Europa, hat sich aber auch in Ländern wie Japan und Indien umgesehen
und Musik dieser Regionen verinnerlicht. In der vorliegenden CD sind
es überwiegend Klänge aus Indien und Afghanistan, die seine
Kompositionen beeinflussen. Es sind nicht nur Rhythmen und Skalen der
Musik dieser Länder, auch Instrumente wie Rebab und Tabla sorgen,
mit den Jazz-Wurzeln von Larry Porter, für ein spannendes Zusammenspiel
der Kulturen. Nur selten gibt es einen Bruch zwischen den ‚traditionellen‘ Einleitungen
und den dann doch ‚swingenden‘ Themen und Improvisationen.
Das ist aber nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Aufbau und Länge
der Themen in diesen Kulturkreisen die Kapazität jeder CD (aber
auch die der meisten westlichen Hörer) überfordern würden.
So ist Larry Porter mit seiner Band und diversen Gast-Musikern mit dem ‚Seidenstraßen
Blues‘ eine Mischung gelungen, in der manche doch fremdartige Klänge
und Rhythmen mit den swingenden Elementen des Jazz eine Einheit bilden.
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