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2000/10
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Play Back Seite 20 |
Schüler und Meister Deutsche Jazzplatten, die wir fast übersehen hätten Seit dem Siegeszug der modalen Schule um die Herren Evans, Hancock und Corea sowie dem grenzüberschreitenden Erfolg der Soloexkursionen Keith Jarretts ist das zuvor überwiegend aus schwarzen Traditionen gespeiste Jazzklavier starken Einflüssen der europäischen Klassik ausgesetzt. Johannes Mössinger, ein typischer Nachgeborener, bedient sich im Zuge der schwarz-weißen Erkundungen seines Soloalbums ,,Spring In Versailles freimütig von überallher. Über die erforderlichen Kraftressourcen und Anschlagsnuancen verfügt er auch, nur das Eigene könnte der romantisch veranlagte Freiburger in Zukunft noch stärker herausarbeiten. Fürs Quartett von Andi Maile hat Saitenkünstler Olaf Stötzler die überwiegende Zahl der eher kühl-verhaltenen Melodien geschrieben; bluesig angeschrägte Kanten bringt Mailes Tenor ins Spiel. Die geruhsamen Tempi lassen viel Raum für Soli aller Beteiligten. Meilensteine sind dies vielleicht noch nicht, aber der Verweis auf ,,Milestones legt schon die richtige, nämlich der modernen Traditionslinie verbundene Fährte. Ein anderer historischer Strang führt vom Piano/Bass-Duo Bill Evans/Eddie Gomez zum Klaus Ignatzek/Martin Wind Duo. Ein Schlagzeuger hätte in beiden Fällen nur den nachdenklich erzählerischen Fluss ihrer eloquenten Dialoge gestört. ,,Obrigado ist zum Glück keine platte Stilkopie, sondern ein persönlich gehaltenes Dankeschön an die großen Vorbilder Die transparent glitzernde Wasserfläche auf dem Cover der dritten CD des Saxophonisten Peter Materna weckt Neugierde auf den Inhalt. Dieser hält das geschmackvolle Niveau der Hüllengestaltung mühelos: Die durchweg neuen Kompositionen von ,,After The Ram bieten zeitgenössischen Jazz der beschaulicheren Sorte, der Atmosphäre schafft und näheres Zuhören belohnt. Jens Schliecker (p) und Nils Rohwer (vib, marimba) nennen sich als Team Piano Meets Vibes. Ihre auf Anhieb überzeugende ,,Duo Fantasie wirkt wie auskomponiert sie ignoriert die Gattungsgrenzen, ohne gleich ein ,,New Age einzuläuten. Auf ,,Circlesongs fächert Joachim Raffel als Autor und Pianist in vorwiegend ruhiger Gangart eine gelegentlich orientalisch anmutende Vielfalt an Melodien, Stimmungen und Rhythmen auf. Die ausdrucksstarke Frontline aus zwei Saxophonen kommt seinem bestens abgestimmten Quintett zugute. Der Kölner Pianist Henning Wolter befleißigt sich einer relativ trockenen, dabei spannungs- und farbenreichen, vorwärts drängenden Spielweise. Seine zweite CD ,,Two Faces, auf der er keine überflüssige Note spielt, wird durch seine hoffentlich nicht mehr lange unbekannten Sidemen Lucien Matheeuwsen (b) und Marcel van Cleef (dr) zu einer runden Sache. In den sechs langen Eigenkompositionen von ,,Two Colours One Soul, einer Quintettaufnahme von Eckhard Weigt, hält sich der Saxophonist als lmprovisator eher bedeckt. Die Betonung liegt auf der rhythmischen Komponente entsprechend in den Vordergrund gemischt wurde das Schlagzeug von Falk Willis. Die Gitarrenlicks von Michael Arlt können sich ebenso hören lassen wie die akustischen Bassriffs von Henning Sieverts und die sparsam eingesetzten Synthesizer-Sounds des Pianisten Christian Doepke. Keyboards sind für Nordlicht Joja Wendt kein Thema. Nötigenfalls im Alleingang wird er die anspruchsvolle Stride-Tradition (die mehr als Boogie-Woogie bedeutet!) ins 21. Jahrhundert hinüberretten. Glauben Sie nicht? Bei Wendts teils vor Publikum entstandene CD ,,hummelflug.de wird auch Ihnen die Kinnlade runterfallen vor Staunen. Mátyás Kiss Diskografische Hinweise
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