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Inhaltsverzeichnis Jazzzeitung 10/2000

2000/10

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Stadt-Portrait

Seite 9

Wilhelm IV

Jazz in Burghausen Teil II

Heuer kündigten der Bürger meister und der seit 1994 waltende IG-Jazz-Chef Herbert Hebertinger auf einer Pressekonferenz während der Jazzwoche an, eine ganzjährige Jazzakademie einrichten zu wollen. Im städtischen Mautnerschloss, das seit der Sanierung 1977 einen Jazzkeller mit dem kuriosen Namen „Wilhelm IV“ und mehrmals jährlich Jazzkurse beherbergt, möchten die wiefen Burghauser ein Zentrum mit Ausrichtung auf die ost- und südosteuropäische Jazzszene etablieren.

Mit Blick auf die Osterweiterung der EU und zu erwartende Förderprogramme ein Vorhaben mit Weitblick und Zukunft. Zeitgleich mit der Jazzwoche gründete der damals in Burghausen ansässige Geoff Clarke 1970 die Big Band Burghausen. Unter wechselnder Leitung von Viera, Clarke, Rudi Fuesers, Dusko Gojkovich und Al Porcino bestand diese bis weit in die 90er-Jahre. Zusammen mit den Jazzkursen sorgte das für einen steten Nachschub an jungen, aber auch renommierten Musikern, die als Gastsolisten oder Dozenten in die Stadt kamen. Zwei Jahre lebte der heute 79-jährige Klarinettist Tony Scott in Burghausen, bevor er wieder nach Rom ging. Mit dem Saxophonisten Frank St. Peter residierte ein weiterer amerikanischer Profimusiker „in town“. (St. Peter starb 1987 bei einer Orchesterprobe in München.) Die umgekehrte Richtung hat der Burghauser Klaus Lessmann genommen. Der Saxophonist ist Richtung Toskana ausgewandert und produziert dort mit italienischen Musikern hervorragende Tonträger und lebendige Musik.

Im Laufe der Jahre hat die IG Jazz als Träger und Veranstalter der Jazzwoche immer öfter auch während des Jahres Konzerte und kulturelle Angebote organisiert, die auch in Richtung Kleinkunst, Kabarett und andere Genres gehen. Das hat dem Verein und seinen Repräsentanten nicht nur Dank und Lob, sondern immer wieder auch Vorwürfe eingetragen. Junge Leute und Veranstalter, die selbst mal gern Konzerte durchführen wollen, würden systematisch ausgebremst und behindert, war zu hören. Die Angriffe gipfelten in einer zornigen Glosse, in der ein kompetenter österreichischer Musikjournalist Engstirnigkeit und kleinkariertes Verhalten der „Jazz-Mafia Burghausen“ anprangerte. Das war vor über zehn Jahren. Am Bild einer rührigen und erfolgreichen Jazzstadt, die größeren Städten leicht den Rang ablaufen kann, konnten diese internen Querelen letztlich aber nicht kratzen. Eher schon die Konkurrenz anderer Festivals, die in den vergangenen Jahren ungeheuer zugenommen hat. Dem gegenüber gerät die Jazzwoche Burghausen zunehmend in den Ruf eines charmanten Seniorfestivals, das sich schwer tut neue Entwicklungen und frische Ideen zu präsentieren und damit für ein jüngeres Publikum immer unattraktiver wird. Seit wenigen Jahren tut sich aber auch in dieser Richtung etwas, tauchen aktuelle weltmusikalische Entwicklungen, HipHop und World-Jazz-Tendenzen im Programm der Jazzwoche auf.

Michael Scheiner

 

CD-Auswahl

  • Hot Hazelnuts, Jazz im Anzug (H. Schmidt, Tel. 08639/81 23)
  • Red Valley Jazzband, New Orleans alive (P. Papp, Tel. 08624/14 18)
  • Big Band Burghausen (Ltg. Al Porcino) spielt Frank St. Peter, goodbye to a friend (Tel. 08677/14 11)
  • Klaus Lessmann Sextet, The Music of Jelly Roll Morton Munich Footwar mers Jazzband, Hotline to Burghausen (089/7 14 44 85)
  • Bobby Jones (LP)

Lesestoff

  • Joe Viera, Burghausen (in: Jazz in Bayern 2, ConBrio-Verlag, Rgb.)
  • Joe Viera, 20 Jahre Burghausen (1989, Burghausen)
  • H.-Jochen Dyck, Eine Provinzstadt macht Jazzgeschichte (1979, media verlag, Burghausen)

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