Von Dietrich Schlegel – Vom vollen Haus mit großem Beifall bedacht wurde der Film „Carlo, Keep Swingin'“ über Carlo Bohländer (1919-2004), die Frankfurter Jazz-Legende aus den 50er- und 60er-Jahren, im Rahmen des 8. Lichter Filmfest Frankfurt International uraufgeführt. Bisher war der biographische Dokumentarfilm nur im Herbst einer Jury des Hessischen Filmpreises vorgeführt worden (siehe nmz 11/14). Im Cantate-Saal neben dem Goethe-Museum hatten sich nicht nur alte und ältere Zuschauer eingefunden, sondern erstaunlich viele junge Menschen. Bohländer, der Trompeter, Jazz-Club-Betreiber (u. a. „Domicil du Jazz“) und Autor musiktheoretischer Fachbücher, ist anscheinend in Frankfurt und darüber hinaus noch in bester Erinnerung. Das merkte man auch während der Vorführung durch viele Zwischenrufe und erkennende Heiterkeit bei gewissen Szenen, die den „local hero“ in seinen auch skurrilen Charakterzügen zeigen. Doch die wahre Bedeutung Bohländers als Förderer des Jazz im Nachkriegsdeutschland wie auch zahlreicher junger Talente zeigte die Regisseurin und Drehbuchautorin Elizabeth Ok durch Interviews und Statements von Wegbegleitern und Zeitzeugen wie Paul Kuhn, Emil und Albert Mangelsdorff, Günter Lenz, Gustl Mayer, Fritz Rau. Besonders letzterer hob Bohländers Engagement für den Jazz als Musik der Freiheit hervor. Er hatte 1941, mitten im Krieg, trotz der Verfolgung junger Jazzfans durch Gestapo und Hitlerjugend, mit Emil Mangelsdorff, Horst Lippmann und anderen Gleichgesinnten im Geheimen den Hot Club Frankfurt gegründet. Diesen Impetus der Freiheit habe Bohländer in der Nachkriegszeit mit ungebrochener Überzeugungskraft vermittelt.
Im Anschluss an den Film hatte sich unter Leitung des unermüdlichen Tenorsaxophonisten Gustl Mayer, einem „Schüler“ Bohländers, eine kleine Band zu einem improvisierten Konzert zusammen gefunden, mit dem Bassisten Günter Lenz, einst Mitglied des berühmten Jazzensemble des Hessischen Rundfunks, sowie Peter Reiter (p) und Paul Hochstädter (dr) von der HR Big Band. Besonders warmherzig applaudiert wurde Bohländers Witwe, Anita Honis-Bohländer, die auch im Film humorig-ironische Kommentare über ihren Carlo abgab und nun auf der Bühne in lässig-gelassener Performance mit einigen Standards bewies, dass sie noch immer über eine große Stimme verfügt. Ihr stand der auch nicht mehr ganz jugendliche Bill Ramsey, der anscheinend seine Frankfuter Fangemeinde mitgebracht hatte, wenig nach. Anerkennung gebührt jedoch in erster Linie der Filmemacherin Elizabeth Ok, ihren findigen Kameraleuten Stefan Neueck und Stefan Wachner sowie der für frappierende und gelungene Schnittfolgen verantwortlichen Cutterin Susann Maria Hempel. Ihnen ist ein eindrucksvolles Zeitdokument über die Frankfurter und deutsche Jazzszene der unmittelbaren und späteren Nachkriegszeit gelungen. Der Film wird ab Juni in Programmkinos zu sehen sein. Als DVD empfiehlt er sich auch für Vorführungen in Jazzclubs, um vor allem jüngeren Jazzmusikern und –fans zu zeigen, auf welchen Wurzeln auch der heutige Jazz steht.
Weitere Informationen: http://www.carlokeepswingin.okfilm.de/; www.facebook.com/okstockfilmproduktion.